– Über die Auswirkungen von Glyphosat-Rückständen in Tierfutter –
Glyphosat – Serie: Teil 3
Für viele Haustierhalter ist der Freund daheim ein weiteres Familienmitglied. Ob Hunde-, Katzen- oder Pferdebesitzer: Dieser Artikel soll auf ein dringliches Problem aufmerksam machen, auf das wir im Rahmen unserer Untersuchungen gestoßen sind.
Wie in den vorigen Ausgaben beschrieben, arbeiten wir an der größten Langzeit-Studie zu Glyphosat in Humanurin. Die kurze Zusammenfassung lautet bisher:
7 von 10 Menschen, also 70% der Menschen in Europa weisen regelmäßig Spuren des Totalherbizids im Körper auf. Ein Mittel, das die Krebsforschungsagentur der WHO, IARC, als „wahrscheinlich krebserregend“ einstuft.
Nun werden diese Funde von Herstellern, Anwendern und leider auch von den Regulierungsbehörden verharmlost – im Kontrast zur IARC-Einschätzung und zwischenzeitlich auch einigen US-Gerichten, die Geschädigten aus den Anwenderreihen bereits hohe Schadensersatzsummen zugesprochen haben.
Als hauptsächliche Quelle dieser chronischen Kontamination der Bevölkerung konnten wir mit der Studie in den letzten sechs Jahren vor allem Rückstände in den Lebensmitteln ausmachen.
Obwohl nicht der eigentliche Gegenstand unserer Studie, erregten zuerst Berichte von Hundehaltern, deren Tiere in offenbar jüngst besprühte landwirtschaftliche Flächen gelaufen waren, unsere besondere Aufmerksamkeit. Hierbei waren es insbesondere die Parallelen der Symptomatik zu uns bereits bekannten Arbeiten an verendetem Rotwild der Universität Leipzig, die auffällig waren. Die Hirsche hatten offenbar über die Futterstelle erhebliche Rückstände aufgenommen und zeigten zunächst neben starkem Durchfall auch deutliche Auffälligkeiten im Gangbild, bis am Ende die Hinterläufe beim Laufen vollständig ausfielen und die Tiere sich nicht mehr oder nur sehr mühevoll noch aufrichten konnten. Genau diese beiden Dinge wurden uns auch von den Hundebesitzern berichtet. Wir beobachteten das zunächst und gaben den Besitzern Hinweise, wie sie der möglichen Vergiftung begegnen könnten.
Nachdem wir das Problem als Möglichkeit in einem sozialen Medium angesprochen hatten, erhielten wir weitere, vor allem aber nach einiger Zeit einen besonders auffälligen Fall auf den Schreibtisch.
Zwei Hunde unterschiedlicher Rasse und von unterschiedlichem Körpergewicht konnten zeitgleich am selben Morgen nicht mehr aufstehen. Die Besitzerin der beiden Tiere war sehr besorgt und hatte einen Hilferuf auf derselben Plattform gestartet, in dem sie relativ genau das beschrieb, was wir zuvor berichteten. Ein aufmerksamer Leser stellte daraufhin den Kontakt zu uns her. Noch am selben Tag versendeten wir zwei unserer Glyphosat-Testkits und eine Anleitung, wie diese anzuwenden seien, an die telefonisch von uns kontaktierte Eigentümerin.
Der ins Labor eingesandte Urin wies in beiden Proben einen Wert aus, deren Höhe selbst uns negativ überraschte. Hatten wir in der EU bei den Menschen einen Durchschnittswert der belasteten Proben von 1,33 ng/ml Rückstand ermittelt, lagen beide Tiere um ein Vielfaches darüber. Genauer gesagt hatte der kleine Hund mit einem Körpergewicht von ca. 7 Kilogramm einen Wert von 3,87 ng/ml, der größere bei einem Gewicht von 25 kg gar einen Wert von 8,04 ng/ml.
Für uns war besonders interessant, dass man bei den Tieren auch ein Blutbild und ein Gift-Screening gemacht hatte, bei dem keines der untersuchten Toxine einen signifikanten Ausschlag zeigten. Allein auf Glyphosat hatte man nicht getestet.
Das wurde als Möglichkeit gar nicht berücksichtigt.
Obwohl sich die Lähmungserscheinungen nach einiger Zeit zurückbildeten, bauten beide Tiere unterschiedlich schnell ab. Das weniger belastete Tier erholte sich jedoch wieder, das hochbelastete Tier musste kurze Zeit später vom Tierarzt erlöst werden.
Zwischenzeitlich begleiteten wir die Verläufe von acht Hunden mit ähnlichen Werten, Symptomen und leider auch mit ähnlichem Verlauf. Bis auf das eine Tier verstarben alle innerhalb eines Zeitraumes von wenigen Wochen nach den Lähmungserscheinungen oder mussten erlöst werden.
Als Ursache der Vergiftung kam die direkte Exposition beim Gassigehen in Frage. Beim Streunen auf den Feldern, bei der Wasseraufnahme im Bach – aber auch in den Städten, wo die Stadtverwaltung ohne besondere Markierung oder Absperrung die Grünflächen mit Glyphosat unter Kontrolle hält.
Aufgrund unserer Erfahrungen bei den Menschen hatten wir auch das Tierfutter im Verdacht. So baten wir die Betroffenen, uns eine Probe von ihrem eingesetzten Hundefutter zur Verfügung stellen, und sandten sie ins Labor. Die Rückstände lagen dabei zwischen 22,68 ng/g und 55,16 ng/g. Besonders hoch betroffen war regelmäßig das Trockenfutter. Leider nicht allein.
In einem Fall kontaktierten wir den Hersteller und wiesen ihn auf das Problem hin, da dieser sich in der Außenwirkung als besonders hundefreundlich darstellte und laut der Werbung auf seiner Homepage von hochwertigem Futter sprach. Die Reaktion war sehr ernüchternd. Es begann mit Abstreiten und endete nach Vorlage des Laborbefundes mit der vorgeschobenen Behauptung, die Menge sei unerheblich.
Und dass für Hundefutter diesbezüglich keine Grenzwerte vorgeschrieben seien. Unsere Schilderung der Vorfälle ließen unser Gegenüber zumindest augenscheinlich vollkommen unbeeindruckt. Eine Veränderung, Eigenkontrolle oder eine bessere Wahl der Lieferanten scheinen wir nicht angeregt zu haben. Die großen Konzerne hatten wir aufgrund von Erfahrungen u.a. mit den großen Pasta-Herstellern gar nicht erst kontaktiert.
Gespräche mit Tierärzten zu dem Thema brachten mehrere Auffälligkeiten zutage.
So hat die Anzahl der Tumore bei den Tieren in den letzten Jahren immer weiter zugenommen. Angesprochen auf Zahnprobleme – die eine weitere mögliche Parallele darstellen könnten (wir berichteten in der letzten Ausgabe über Kreidezähne (MiH) bei Kindern, wurden wir ebenfalls fündig. So gibt es nicht nur bei Hunden Auffälligkeiten in dieser Richtung, sondern mit dem unter der Abkürzung FORL (Feline odontoklastische resorptive Läsionen) sogar ein benanntes Krankheitsbild.
Und zuletzt wurden wir von Lesern auf ähnliche Probleme bei Pferden aufmerksam gemacht. Dort heißt das Krankheitsbild EOTRH. Weitere Untersuchungen hierzu laufen.
Weitere wertvolle Hinweise erhielten wir von unerwarteter Stelle. In Deutschland ist beim Halten eines Hundes eine Haftpflichtversicherung Pflicht. Die Verträge enden entweder durch Kündigung durch den Halter bei einem Versichererwechsel, was selten der Fall ist. Oder – wie der Versicherer es nennt: Durch den Wegfall des Risikos.
Was dem Lebensende des Tieres entspricht. Hier ergaben sich aus den Vertragsdaten rückwirkend bis zur Jahrtausendwende betrachtet bei dem Versicherer ernstzunehmende Hinweise auf eine sich immer weiter verkürzende Lebensdauer der Tiere. Wird ein Hund je nach Rasse in der Regel zwischen 10 bis 14 Jahre alt, sind heute gemäß dem Versicherer Werte von acht Lebensjahren eher die Regel als die Ausnahme.
Tumore, Nierenschäden, kompromittierte Immunsysteme, Zahnschäden.
All das sind starke Parallelen zu dem, was wir seit Markteinführung des Unkrautvernichters Glyphosat auch in der Bevölkerung zum Teil im Charakter einer Volkskrankheit erleben.
Regulierer machen die Grenzwerte wie z.B. der sogenannten ETD (Erlaubten Tagesdosis) unter anderem am Körpergewicht fest.
Vergleichen wir dem folgend das Gewicht der Hunde mit dem unserer Kinder, sind unsere Funde alles andere als ermutigend. Dies noch mehr als das, ja, das Glyphosat, das Schwangere aufnehmen über die Nabelschnur sogar in unsere Föten übergeht.
Jetzt selbst an der unabhängigen crowdfinanzierten Langzeitstudie für Glyphosat im Humanurin teilnehmen: Helfen Sie uns zu weiteren Datenpunkten durch Ihre Mithilfe.
Mehr dazu unter www.glyphosat-test.de
Es wäre unwissenschaftlich, nicht auch andere mögliche Ursachen für dieses Phänomen in Betracht zu ziehen. Ebenfalls unwissenschaftlich ist in diesem Fall jedoch, dass man all diese deutlichen Warnzeichen übersieht, die wir seit 20 Jahren mit den ansteigenden Rückständen erkennen.
Und es wäre verantwortungslos, sich weiter auf verfälschte Zulassungsstudien, Herstellerversprechen und korrumpierte, intransparente Zulassungsprozesse zu verlassen, wenn diese Warnzeichen dermaßen deutlich sind.
Wir brauchen ernstzunehmende Untersuchungen, die den Gegenwind von milliardenschweren Finanzinteressen überstehen und ergebnisoffen feststellen, ob Glyphosat-Rückstände in Lebensmitteln und im Tierfutter weiter unkritisch als harmlos gelten dürfen. Oder ob wir das allgegenwärtige Herbizid wie schon viele andere zuvor endlich in Rente schicken. Bevor es noch mehr Leid erzeugt.
Weiterführende Links:
Unsere Studie:
https://www.glyphosat-test.de
bzw.
https://glyphosat-test.de/gtanimals.php
Glyphosat in Tierfutter:
https://www.oekotest.de/gesundheit-medikamente/Studie-Glyphosat-auch-in-Hunde-und-Katzenfutter-nachweisbar-_600717_1.html
https://www.scinexx.de/news/biowissen/glyphosat-in-hunde-und-katzenfutter/
Glyphosat in Hafer
https://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/Glyphosat-Pflanzengift-im-Essen-nachgewiesen,glyphosat129.html
Zahnerkrankung bei Menschen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation
Zahnerkrankung bei Katzen:
https://de.wikipedia.org/wiki/FORL
Zahnerkrankung bei Pferden:
https://de.wikipedia.org/wiki/Equine_Odontoclastic_Tooth_Resorption_and_Hypercementosis
Übergang von Glyphosat über die Nabelschnur in den Fötus:
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28422580/
https://www.infosperber.ch/gesundheit/public-health/us-umweltbehoerde-hielt-glyphosat-krebs-studie-zurueck/
https://www.rtl.de/cms/vorwurf-der-gefaelschten-studien-wusste-monsanto-seit-jahrzehnten-von-der-glyphosat-gefahr-2545802.html
https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/glyphosat-neue-studientricks-von-monsanto-aufgedeckt-a-94d966ce-3371-442c-b849-b9142049cdde
https://www.presseportal.de/pm/42630/4517888
https://taz.de/Glyphosat-Behoerde-bestaetigt-Quelle/!5659854/
https://www.sueddeutsche.de/wissen/chemikalien-glyphosat-tierversuche-1.4793624
Der Artikel ist in der Print-Ausgabe #3 11/2022 des Stichpunkt Magazins erschienen.
Über den Autor
Nico DaVinci leitet die derzeit grösste Langzeitstudie zu Glyphosat in Humanurin.
Er ist investigativer Journalist und hat sich im Rahmen seiner Recherchen zu den Themen Gesundheit, Ernährung, Korruption und Konzerne lange Zeit auch mit dem Konzern Monsanto (jetzt Bayer) auseinandergesetzt.