• Über uns
  • Printausgaben
  • Kontakt
  • Förderverein
  • ePaper
  • Abo
Abo Account
Kein Ergebnis
Alle Ergebnisse anzeigen
Stichpunkt Magazin Archiv
  • »Stichpunkt+«
  • Gesellschaft
  • Feuilleton
    • Kultur
    • Kunst
    • Satire
  • Wissenschaft
    • Bildung
    • Psychologie
  • Podcast
  • Video
  • Spenden
  • »Stichpunkt+«
  • Gesellschaft
  • Feuilleton
    • Kultur
    • Kunst
    • Satire
  • Wissenschaft
    • Bildung
    • Psychologie
  • Podcast
  • Video
  • Spenden
Kein Ergebnis
Alle Ergebnisse anzeigen
Stichpunkt Magazin Archiv
Kein Ergebnis
Alle Ergebnisse anzeigen
Home Artikel Gretchens Frage! Kolumne
Gretchens Frage! Wer zeigt sein Gesicht?

Beitragsbild Tanzende Bäume © Thomas Stimmel

Gretchens Frage! Wer zeigt sein Gesicht?

von Sylvie-Sophie Schindler
16. November 2023 - Aktualisiert am 14. Februar 2024
in Gretchens Frage! Kolumne
Lesezeit:3 Min.
A A
0

Antoine Roquentin ist der Protagonist aus Jean-Paul Sartres Roman „Der Ekel“. Eines Tages wacht er auf und stellt fest, dass sein Leben nicht mehr wie gewöhnlich weitergeht. Ein Stück Papier, ein Kieselstein, selbst seine eigene Hand lösen in ihm Ekel aus. Dieses Unbehagen hört nicht auf, im Gegenteil, es ist wie ein Sog, in den er immer weiter reingezogen wird. Schließlich geschieht, dass er sein Gesicht nicht als solches identifizieren kann. Er sieht zwar dessen Einzelteile wie Stirn, Augen, Nase und Mund, aber er empfindet sie nicht als zu seiner Person gehörend. Als wäre er abgeschnitten von sich selbst, als wäre es das Gesicht eines Fremden.

Was überhaupt heisst es, ein Gesicht zu haben? Gewiss ist, man hat es zuallererst nicht für sich, sondern für den anderen. Das Gesicht als Dialogangebot. Das verhindert wird, wenn beispielsweise muslimische Frauen sich verschleiern oder Regierungen der Bevölkerung pandemiebedingt anordnen, sich mit einem Mund-Nasen-Schutz zu bedecken. Dahinter verschwindet dann das, „Antlitz des Anderen“, wie Emmanuel Levinas das ausdrücken würde. Der französisch-jüdische Philosoph, 1905 geboren, 1995 gestorben, gehört zu den Denkern eines extremen Humanismus, der zentral darüber nachdachte, wie und unter welchen Voraussetzungen Menschen in eine Begegnung finden – wie können sie sich einander zuwenden und einander zugewendet bleiben? Das „Antlitz“ ist dabei sein Kernmotiv. 

Der Andere, der sich durch das Gesicht offenbart, ist das erste was der menschliche Geist erkennen kann, noch bevor er durch Kultur geprägt wird. Das „Antlitz des Anderen“ fordert zur Konfrontation mit dem Du, man kann nicht entkommen, es treibt gemäß Levinas aus der Gleichgültigkeit heraus. Darin steckt auch der Gedanke, dass jeder Mensch für seine Mitmenschen eine Verantwortung hat, egal, ob man diese will oder nicht. Von Angesicht zu Angesicht ist demnach die vielleicht letzte Chance des Ethischen im Bezug zum Anderen: Kann man den, den man anblickt, verletzen? Kann man ihn töten? Levinas zufolge gibt es beim Blick in das Gesicht eines anderen Menschen einen Moment der Irritation, der schweigend sagt: „ Du wirst nicht töten.“

Daran weiterdenkend, wäre kriegerisches Abschlachten nicht oder nur schwer umsetzbar, würden die Beorderten sich dem Antlitz des Anderen stellen. Massenhaftes Morden ist nur möglich, wenn es anonymisiert geschieht, wenn der andere kein Gesicht hat, wenn er zum Objekt degradiert wird. Erleichtert wird diese Entmenschlichung dadurch, dass das Abwerfen von Bomben längst per Knopfdruck geschieht und aus kilometerweiter Entfernung. Was wiederum eine gute Nachricht ist über den Menschen, dass er nämlich, mir dem niederländischen Philosophen Rutger Bregman gesprochen, im Grunde gut sei, er also nicht seinesgleichen töten würde, wenn er in ihm den Menschen erkennt, der er selbst ist.

Emmanuel Levinas sieht jeden Menschen, auch den grausamsten Verbrecher, als den, der er vor jeder moralischen Aburteilung eben ist: Der andere Mensch, der Nächste. Daher behandelt er, der zwischen jüdischer Tradition und griechischer Philosophie stand, in seinen Werken die Abgründe der Menschheit nur am Rande, sondern bleibt stringent dran, den Menschen als den zu denken, der  durch die Begegnung mit dem anderen zur Bejahung des anderen kommt. Und also nicht die Zerstörung seines Gegenüber will, da er in letzter Konsequenz dann auch seine eigenen Vernichtung bejahen müsste. Zu Täuschungen lässt sich Levinas allerdings nicht verführen: „Ich meine nicht, dass die Menschen alle heilig sind. Ich sage aber Mensch-Sein ist, die Heiligkeit verstehen.“    

Solange wir unser Gesicht vor dem anderen verbergen, finden nicht nur wir selbst, sondern auch der andere nicht in sein wahres Mensch-Sein. 

Trotzdem tragen immer noch viel zu viele Menschen Maske. Damit sind übrigens nicht die Pandemie-Masken gemeint.

Über den Autor

Sylvie-Sophie Schindler

Sylvie-Sophie Schindler, ist in Oberbayern aufgewachsen. Sie ist in Schauspiel, Philosophie und Pädagogik ausgebildet und hat weit über 1.500 Kinder auf ihrem Entwicklungsweg begleitet. Als Journalistin begann sie bei der Süddeutschen Zeitung, war jahrelang als Lokalreporterin für den Münchner Merkur tätig und belieferte Medien wie stern, VOGUE und GALORE mit ihren Texten. Zig tausend Artikel später orientierte sie sich im Journalismus neu, um frei und ohne Agenda schreiben zu können. Aktuell veröffentlicht sie unter anderem für die WELTWOCHE und Radio München. Sie ist Trägerin des Walter-Kempowski-Literaturpreises. Mit ihrem YouTube-Kanal DAS GRETCHEN will sie die Dialogbereitschaft stärken. In Vorträgen und in Netzwerken setzt sie sich für neue gesellschaftliche Wege ein, die auf Selbstorganisation, Herzoffenheit und freiem Denken gründen.

  • Sylvie-Sophie Schindler
    #molongui-disabled-link
    Warum ist das Totalitäre eine Versuchung? Gretchens Frage!
  • Sylvie-Sophie Schindler
    #molongui-disabled-link
    Warum gibt es plötzlich so viele Nazis? Gretchens Frage!
  • Sylvie-Sophie Schindler
    #molongui-disabled-link
    Hat uns die Aufklärung überhaupt vorangebracht? Gretchens Frage!
  • Sylvie-Sophie Schindler
    #molongui-disabled-link
    Woher kommen die plötzlichen Rufe nach Demokratie und Menschlichkeit? Gretchens Frage!
Tags: GesellschaftGretchens FrageKolumneKulturSylvie-Sophie Schindler
Vorheriger Post

Unser neues Abo-System ist live gegangen!

Nächster Post

Gretchens Frage! Kommt überhaupt noch etwas Neues?

Schreibe einen Kommentar Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..

  • Impressum
  • Datenschutz

© 2023 ars vobiscum Media e. U..

Welcome Back!

Login to your account below

Forgotten Password? Sign Up

Create New Account!

Fill the forms bellow to register

All fields are required. Log In

Retrieve your password

Please enter your username or email address to reset your password.

Log In

Add New Playlist

Share

Facebook

Twitter

LinkedIn

WhatsApp

Copy Link
×
  • »Stichpunkt+«
  • Gesellschaft
  • Feuilleton
    • Kultur
    • Kunst
    • Satire
  • Wissenschaft
    • Bildung
    • Psychologie
  • Podcast
  • Video
  • Spenden
Mein Account

© 2023 ars vobiscum Media e. U..

WordPress Double Opt-in by Forge12